„Leben auf dem Trapez“ – das Leitbild

„Leben auf dem Trapez“ hat sich bundesweit zusammengeschlossen, um die fachliche Arbeit mit gehörlosen Eltern und ihren hörenden Kindern bekanntzumachen, weiterzuentwickeln und zu vernetzen.

Auf den jährlichen Bundesarbeitstagungen treffen sich hörende und gehörlose Fachkräfte aus den Bereichen Frühförderung, Erziehungshilfen, Erziehungsberatung/Familientherapie sowie mobile Dienste der Förderzentren und arbeiten zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen. Um die Arbeit zu intensivieren, haben sich Regional-gruppen gebildet.

Unsere Arbeit ist geprägt von Respekt gegenüber der Kultur der gehörlosen Menschen sowie den besonderen kommunikativen Bedürfnissen der bilingualen (Gebärdensprache/Lautsprache) und bikulturellen Familien (gehörlos/hörend). Wir kooperieren mit den Familien und ihrem Umfeld und orientieren uns an ihren Ressourcen.

Kommunikationsleitlinien

Alle hörenden und gehörlosen Fachleute, die sich in der Arbeitsgemeinschaft „Leben auf dem Trapez“ zusammengeschlossen haben, sind bereit, ihre Gebärdensprachkenntnisse und kommunikativen Kompetenzen ständig zu verbessern.
Gebärdensprachkompetente (sozial-) pädago-gische Fachkräfte sind keine Dolmetscher. Für alle Bereiche gilt deshalb, professionelle Dolmetschdienste (GSD) in Anspruch zu nehmen bei Kontakten mit hörenden und gehörlosen Teilnehmern, zum Beispiel:

  • in der Familienberatung, Familientherapie
  • beim Jugendamt (Hilfeplankonferenzen, Familienkonferenzen, etc.)
  • bei begleiteten Behördengängen
  • bei begleiteten Arztbesuchen
  • bei Elterngesprächen und an Elternabenden in Schule und Kindergarten

    Unsere Arbeitsfelder sind:

    Frühförderung

    Hörende Kinder hörgeschädigter Eltern haben nach § 53 SGB XII von Geburt bis Schuleintritt das Recht auf Frühförderung. Es gibt bundesweit spezialisierte Einrichtungen und selbstständige Fachkräfte, die die Frühförderung für diese Zielgruppe anbieten.
    Die vorrangigen Ziele der ganzheitlichen Arbeit sind:

  • die Lautsprachentwicklung des Kindes zu fördern
  • die Identitätsentwicklung als Kind hör-geschädigter Eltern zu begleiten
  • die Kommunikation (Gebärdensprache und Lautsprache) in der Familie zu unterstützen
  • das Kind in sein soziales Umfeld zu integrieren
  • die Eltern in ihren Kompetenzen zu stärken

    Die gebärdensprachkompetenten Fachkräfte haben regelmäßige Kontakte mit der Familie im häuslichen und sozialen Umfeld des Kindes. Zusätzlich wird die interdisziplinäre Zusammen-arbeit mit allen beteiligten Institutionen initiiert.

    Ambulante Hilfen zur Erziehung

    „Die Hilfen zur Erziehung für Kinder und Jugendliche ist die klassische, individuelle Leistung der Jugendhilfe.“ (§§ 27 SGB VIII)
    Eltern und Kinder haben bei Bedarf einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung. Hörgeschädigte Eltern und ihre hörenden Kinder können diesen Rechtsanspruch oft nicht nutzen, weil auf ihre besonderen Kommunikationsbedürfnisse und den kulturellen Hintergrund keine Rücksicht genommen wird.
    Seit 10 Jahren spezialisieren sich an verschiedenen Standorten Jugendhilfeträger und selbstständige Fachkräfte auf die Entwicklung von Angeboten für hörgeschädigte Eltern und hörende Kinder.
    Gebärdensprachkompetente hörgeschädigte und hörende Fachkräfte leisten pädagogische, kommunikationsfördernde und therapeutische Arbeit in diesen Familien. Flexible Hilfen nach §§ 27 ff. SGB VIII bilden bisher den Schwerpunkt.

    Erziehungsberatung

    In jüngerer Zeit bieten multiprofessionelle Teams Erziehungsberatung nach §28 SGB VIII für hörend/gehörlose Familien an. Dieses Angebot soll organisatorisch und räumlich an anerkannten Erziehungsberatungsstellen für Hörende an-gegliedert sein.

    Es gelten folgende Besonderheiten:

  • alle MitarbeiterInnen haben eine thera-peutische Zusatzausbildung
  • alle MitarbeiterInnen sind gebärdensprach-kompetent
  • in bilingualen Settings werden Gebärden-sprachdolmetscher hinzugezogen

    Hörende Familien können Erziehungsberatung anonym aufsuchen, für sie besteht ein offener Zugang. Für gehörlose Eltern besteht diese Möglichkeit zurzeit noch nicht, ist jedoch anzustreben.

    Deutsche Gesellschaft

    Im November 2005 wurde die Arbeits-gemeinschaft „Leben auf dem Trapez“ in die Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten – Selbsthilfe und Fachverbände e.V. aufgenommen.

    CODA d.a.ch.

    CODA = Children of Deaf Adults. Seit 1983 haben sich erwachsene CODAs in den USA organisiert (www.coda-international.org). Auch in den deutschsprachigen Ländern haben sich erwachsene Kinder gehörloser Eltern unter CODA d.a.ch. zusammengefunden. „Leben auf dem Trapez“ pflegt die vertrauensvolle Zusammen-arbeit mit dieser Organisation.